Unconscious Bias im Vertriebs-Recruiting
Unconscious Bias im Vertriebs-Recruiting: Warum der erste Eindruck nicht genügt
In kaum einem anderen Bereich sind Persönlichkeit, Auftreten und Überzeugungskraft so entscheidend wie im Vertrieb. Genau deshalb ist das Recruiting von Vertriebsmitarbeitenden besonders anfällig für subjektive Wahrnehmung und unbewusste Denkmuster – sogenannte Unconscious Bias.
Wer in kurzer Zeit entscheiden muss, ob ein Bewerber oder eine Bewerberin geeignet ist, greift meist – oft ungewollt – auf mentale Abkürzungen zurück. Diese Verzerrungen sind menschlich, können jedoch gravierende Folgen haben: Sie führen zu Fehlentscheidungen, kosten Zeit und Geld – und verhindern, dass wahres Potenzial erkannt wird.
Was ist ein Unconscious Bias?
Unconscious Bias beschreibt unbewusste Vorurteile oder Denkmuster, die unsere Wahrnehmung und Bewertung von Menschen beeinflussen. Sie basieren auf Erfahrungen, gesellschaftlichen Prägungen oder Stereotypen. Im Recruiting bedeutet das konkret: Wir schreiben Kandidaten bestimmte Eigenschaften zu – allein aufgrund ihres Aussehens, ihres Auftretens oder weil sie uns selbst ähneln.
Ein typisches Beispiel aus dem Vertriebs-Recruiting:
Ein Bewerber tritt im Gespräch selbstsicher, redegewandt und sympathisch auf. Schnell entsteht das Gefühl: „Der kann verkaufen.“ Dabei wird häufig übersehen, ob diese Wirkung auch mit Substanz hinterlegt ist – etwa in Form von nachweisbaren Vertriebserfolgen, strukturiertem Arbeiten oder der Fähigkeit, Kundenbedürfnisse tiefgehend zu analysieren.
Eine bekannte Studie von Judge und Cable (2004) zeigt beispielsweise auch, dass größere Menschen im Berufsleben oft erfolgreicher sind – nicht aufgrund ihrer Leistung, sondern weil sie häufiger als kompetent und führungsstark wahrgenommen werden.
Die Folgen im Recruiting-Prozess
Wenn Entscheidungen überwiegend auf dem ersten Eindruck basieren, führt das häufig dazu, dass Diversität in Teams verloren geht: Menschen rekrutieren dann Menschen, die ihnen selbst ähnlich sind – im Auftreten, in der Denkweise, im Werdegang. Das Resultat: Homogene Vertriebsteams, die wenig Impulse von außen erhalten, sich schwer tun, neue Märkte zu erschließen oder innovative Vertriebsansätze zu etablieren.
Hinzu kommt: Fehlbesetzungen im Vertrieb sind besonders teuer. Sie wirken sich direkt auf Umsatz, Kundenbindung und die Teamperformance aus. Wird eine Stelle falsch besetzt, entsteht nicht nur interner Druck – es entstehen echte wirtschaftliche Schäden.
Wie Sie Unconscious Bias im Vertriebs-Recruiting aktiv begegnen
Die gute Nachricht: Es gibt wirkungsvolle Maßnahmen, um unbewussten Vorurteilen im Recruiting entgegenzuwirken – ohne die Persönlichkeit von Kandidaten zu ignorieren.
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Objektive Bewertungskriterien definieren
Legen Sie vor dem Auswahlprozess fest, welche Kompetenzen, Erfahrungen und Eigenschaften wirklich erfolgskritisch für die Vertriebsrolle sind. Arbeiten Sie mit einem strukturierten Interviewleitfaden, der es erlaubt, alle Kandidaten vergleichbar zu bewerten.
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Mehrere Perspektiven einbinden
Nutzen Sie das Mehr-Augen-Prinzip. Wenn mehrere Personen aus unterschiedlichen Bereichen in den Auswahlprozess involviert sind, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Einzelmeinungen dominieren. Besonders wertvoll ist eine gemeinsame Reflexion unmittelbar nach dem Bewerbungsgespräch mit konkretem Abgleich zur Stellenanforderung.
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Fallstudien und diagnostische Tools einsetzen
Integrieren Sie praktische Übungen oder Case Studies, die typische Herausforderungen aus dem Vertriebsalltag abbilden. Auch Persönlichkeitsanalysen oder Eignungsdiagnostik können wichtige Hinweise liefern – etwa zur intrinsischen Motivation, Resilienz oder Lösungsorientierung.
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Bewusst reflektieren
Sensibilisieren Sie Ihr Recruiting-Team und Ihre Fachabteilungen regelmäßig für mögliche Verzerrungen. Bereits das Wissen um typische Bias-Fallen – wie z. B. den Halo-Effekt oder den Similarity Bias – hilft, Entscheidungen kritischer zu hinterfragen.
Fazit
Vertriebsstärke zeigt sich nicht nur im ersten Eindruck – sondern vor allem in Haltung, Substanz und nachweislicher Performance. Unbewusste Vorurteile führen häufig dazu, dass diese Qualitäten übersehen werden. Unternehmen, die sich bewusst für einen strukturierten, reflektierten Auswahlprozess entscheiden, treffen fundiertere Entscheidungen – und sichern sich so die Vertriebspersönlichkeiten, die wirklich passen und wirken.
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